INTERHYP-ZINSBERICHT VOM 5. OKTOBER 2017
Billiges Baugeld bleibt vorerst normal
- Zinspolitik in USA vor weiterer Normalisierung
- Katalonien-Abstimmung, Bundestagswahl und Herbstgutachten im Blickpunkt
- Interhyp-Bauzins-Trendbarometer: Experten sehen kurzfristig weiterhin eine Seitwärtsbewegung
Mirjam Mohr, Vorstand Privatkundengeschäft der Interhyp AG
Bei der Zeitungslektüre der vergangenen zwei Wochen bin ich in der Berichterstattung über die Fed-Sitzung am 20. September mehrfach über das Wörtchen "normal" gestolpert. So hieß es in etwa: Die amerikanische Notenbank Fed will die Normalisierung ihrer Geldpolitik weiter vorantreiben - mit mittelfristig weiter erhöhten Leitzinsen und einem Abbau des Anleihen-Portfolios. Auch in Europa fordern Experten seit Jahren eine Normalisierung der Geldpolitik. Doch was heißt "normal" in diesen Zeiten? Der Duden erklärt die Bedeutung des Adjektivs so: "Der Norm entsprechend. Vorschriftsmäßig. So beschaffen, wie es sich die allgemeine Meinung als das Übliche, das Richtige vorstellt."
Was der Norm entspricht, definiert die Europäische Zentralbank etwa mit einem Zielkorridor für die Inflation "nahe 2 Prozent". Die Realität aber sieht anders aus: Trotz ultralockerer Geldpolitik bleibt diese in der Eurozone auch im September mit 1,5 Prozent weiter hinter der Zielmarke zurück.
Und die allgemeine Meinung über das Normale in Sachen Zinsen ist knapp eine Dekade nach der Einleitung der Niedrigzinspolitik nicht vergessen: Die meisten Menschen erwarten für Sparguthaben gutes Geld von ihrer Bank. Doch die Realität sieht auch hier anders aus. Für Spargeld gibt es entweder gar keine Zinsen, kleine symbolische Guthabensätze oder im Falle großer Vermögen vereinzelt sogar Negativzinsen.
Im Umkehrschluss profitieren Bauherren, Käufer und Anschlussfinanzierer weiter: Die Konditionen für Immobiliendarlehen haben im September noch einmal nachgegeben und liegen für zehnjährige Darlehen unter 1,4 Prozent. Auch wenn diese Niveaus historisch gesehen eher als Anomalie betrachtet werden müssen, gewöhnt man sich an solche Zinsen gerne und schneller als an die fehlende Guthabenvergütung. Als "normal" sollte man Baugeld für deutlich weniger als zwei Prozent dennoch nicht betrachten – im Gegenteil: In Zukunft, da sind sich die im Interhyp-Bauzins-Trendbarometer befragten Experten einig, werden Darlehen wieder teurer werden.
Zins- und Marktumfeld
Der Ausgang der Bundestagswahl mit der anstehenden schwierigen Regierungsbildung hatte bisher kaum Einfluss auf die Märkte. So liegt der Aktienindex Dax derzeit mit knapp unter 13.000 Punkten gut 20 Prozent höher als im Vorjahr. Die künftige Bundesregierung kann laut dem gerade vorgestellten Herbstgutachten führender Wirtschaftsinstitute mit einer weiter prosperierenden Wirtschaft rechnen. Neben dem Konsum befeuern demnach der Außenhandel und anziehende Investitionen die Konjunktur. Für 2018 erwarten die Ökonomen ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,0 Prozent statt den bisher erwarteten 1,8 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen soll 2018 im Jahresschnitt erstmals seit Wiedervereinigung unter die Marke von 2,5 Millionen sinken und 2019 weiter zurückgehen.
In der übrigen Eurozone herrscht zwar auch leichter Aufwind, der aber im direkten Vergleich zu Deutschland bestenfalls als laues Lüftchen erscheint. So legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Frankreich, in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, im zweiten Quartal im Quartalsvergleich zwar um 0,5 Prozent zu – dennoch vermag dies die bei rund zehn Prozent liegende Arbeitslosenquote bisher nicht zu verbessern. Zudem sorgen Spannungen wie derzeit in Spanien nach dem katalanischen Referendum für Unsicherheiten. Solange der Aufschwung andernorts in der Eurozone eben nur partiell und nicht so breit und stark wie in Deutschland ausfällt und gleichzeitig politische Krisen beunruhigen, stehen hiesige Schuldpapiere als Hort der Sicherheit im Fokus der Investoren.
Spannend wird in den kommenden Wochen und Monaten der Blick in die USA bleiben. So hat die US-Notenbank Fed angekündigt, ihr Investitionsprogramm zur Stützung der Märkte vorsichtig zurückzufahren, indem sie Anleihen im Wert von 4,5 Billionen Dollar stufenweise abbauen will. Den Leitzins behielt die Notenbank im September zwar erwartungsgemäß unverändert auf dem Niveau zwischen 1,0 und 1,25 Prozent. Erwartet wird jedoch noch ein Zinserhöhungsschritt für Dezember sowie bis zu drei weitere für 2018. Die US-Notenbank sieht die Lage der Wirtschaft trotz der Schäden durch die jüngsten Hurrikane optimistisch. Allerdings wird die mittelfristige Richtung der US-Zinspolitik vom Wechsel an der Spitze der Fed abhängen. Hier wird aktuell unter anderem der Ökonom Kevin Warsh gehandelt, der eine straffere Geldpolitik befürwortet.
Der Interhyp-Expertenrat
Immobilieninteressenten, die bereits ein Objekt gefunden haben, sollten die Chance ergreifen und die günstigen Zinsen aktiv nutzen. Anfang Oktober bewegen sich die Konditionen für zehnjährige Darlehen unter 1,4 Prozent, bei Bestanbietern noch darunter. Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung sind rund 0,2 Prozentpunkte günstiger zu haben. Wir empfehlen dies jedoch nur Kreditnehmern, die ausdrücklich Flexibilität bei der Rückzahlung des Darlehens benötigen. Für die Mehrheit der Darlehensnehmer empfehlen sich Zinsfestschreibungen von 15 oder 20 Jahren. Die Konditionen dieser langlaufenden Darlehen bewegen sich bei aktuell knapp unter beziehungsweise knapp über 2 Prozent. In puncto Anfangstilgung bleiben wir bei unserer Empfehlung, mit mindestens 3 Prozent Tilgung zu starten.
Kurz und knapp: Das sagen die Experten
Langfristig sieht die Mehrzahl der Marktbeobachter unverändert eine Tendenz hin zu höheren Zinsen. Ausschlaggebend für diese Einschätzung bleiben der leichte Wirtschaftsaufschwung in der Eurozone sowie die Ankündigung der Zentralbanken, die ultralaxe Geldpolitik zu drosseln.
Fazit
Die relative und tatsächliche Stärke der deutschen Wirtschaft im Vergleich zu anderen Euro-Staaten führt unvermindert zu einer hohen Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen. Die Renditen haben zwar im September auf knapp 0,5 Prozent zugelegt. Das weitere Aufwärtspotenzial scheint jedoch begrenzt. In Verbindung mit der aktuellen Geldpolitik, deren künftige Ausgestaltung bereits in aktuellen Kursen eingepreist ist, fehlen kurzfristig Impulse für steigende Zinskonditionen beim Baugeld. Langfristig indes sind höhere Konditionen wahrscheinlich.
Im Detail: Die Aussagen der Experten im Interhyp-Bauzins-Trendbarometer
- Allianz: "Die Zinsen sind seit Jahresanfang unter moderaten Schwankungen nur wenig gestiegen. Die Aussagen der Zentralbanken lassen vermuten, dass diese Entwicklung auch weiterhin im Sinne der Währungshüter ist."
- Commerzbank: "Die EZB konnte sich zwar Anfang September noch nicht zu einer Entscheidung über weniger Anleihekäufe im kommenden Jahr durchringen. Die Entscheidung wurde letztlich aber nur vertagt und die EZB dürfte in 2018 ihre Anleihekäufe schrittweise reduzieren. Ein ruckartiger Schwenk in der Geldpolitik steht jedoch nicht an. Denn die EZB nimmt lediglich den Fuß vom Gas ohne zu bremsen. Dies dürfte auf absehbare Zeit weder das strukturelle Niedrigzinsumfeld aus der Bahn werfen, noch die Vermögenspreise kollabieren lassen. Denn bei dauerhaft niedriger Inflation im Euroraum rechnen wir nicht mit einer Leitzinserhöhung der EZB vor 2019. Wir gehen davon aus, dass die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen zum Jahresende nahe der aktuellen Niveaus handeln und im kommenden Jahr nur sehr moderat steigen."
- HypoVereinsbank: "Eine Reihe von Faktoren spricht unseres Erachtens dafür, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten ein Trend graduell anziehender Kapitalmarktrenditen etablieren wird. Fundamental sollte das stabile Wachstumsumfeld allmählich den Inflationsdruck erhöhen. Seitens der Notenbanken haben wir eine Phase erreicht, in welcher die Fed und die EZB zwar langsam, aber nachhaltig den Fuß vom Gaspedal nehmen. Schließlich sehen wir Chancen für ein leichtes Abklingen der das Jahr 2017 dominierenden politischen Unsicherheitsfaktoren."
- ING-DiBa: "Wir befinden uns gerade am Ende der Ära der extrem lockeren Geldpolitik. Alle Notenbanken versuchen so ganz langsam aus dem Krisenmodus herauszukommen. Die EZB wird Ende des Monats wohl die nächste Notenbank sein, die den Einstieg in den Ausstieg sucht. Kurzfristig könnte es daher zu leicht steigenden Zinsen kommen. Denn auch wenn man denken sollte, dass alles schon eingepreist ist, gibt es doch immer noch Marktteilnehmer, die sich durch Herrn Draghi überraschen lassen. Starke Zinssteigungen sind allerdings nicht zu erwarten. Denn auf die Ära der extrem lockeren Geldpolitik wird nicht automatisch eine neue Ära der geldpolitischen Bremse folgen."
- MünchenerHyp: "Die etwas deutlicher als erwartet ausgefallenen Äußerungen der Fed und Trumps Ankündigungen zu einer Steuerreform, gepaart mit einigen guten Konjunkturprognosen im Euroland, haben in der letzten Septemberwoche die 10jährigen Swapsätze wieder an das Niveau von 0,90 Prozent gebracht. Wir glauben allerdings, dass die schwierige Regierungsbildung in Deutschland in der nächsten Zeit für Unsicherheit sorgen wird, die vorerst einen merklichen Zinsanstieg verhindert. Und die Umsetzung der Trump`schen Ankündigungen zur Steuerpolitik muss noch realisiert werden, sodass die jüngste Dollar-Stärke auch nur vorübergehend ist. Deshalb erwarten wir kurzfristig weiterhin einen (schwankungsanfälligen) Seitwärtstrend bei den Eurozinsen. Für die längerfristige Sicht bleiben wir bei unserer Einschätzung tendenziell steigender Zinsen, denn die Fed wird im Dezember höchstwahrscheinlich die Zinsen anheben und die EZB wird sich über den Abbau der Quantitative-Easing-(QE)-Maßnahmen konkreter äußern. Diese Maßnahmen der beiden führenden Zentralbanken unterstützen einen moderaten Zinsanstieg."
- Postbank: "Weder EZB noch Fed hielten auf ihren geldpolitischen Sitzungen im September Überraschungen für die Finanzmärkte bereit. Wie im Vorfeld erwartet, zeigte sich der EZB-Rat weiterhin besorgt hinsichtlich der geringen Inflationsdynamik, wobei insbesondere auf die jüngste Euro-Aufwertung als treibende Kraft verwiesen wurde. Dies stellt ein Abwärtsrisiko für unser Basisszenario dar, in dem die EZB mit einer Verlängerung ihres QE-Programms bei gleichzeitiger Reduzierung des monatlichen Volumens von 60 auf 40 Milliarden Euro die geldpolitische Wende im Euroraum weiter vorantreibt. Angesichts der voraussichtlich bis weit ins kommende Jahr hinein dauernden Ankäufe ist mit einer Leitzinsanhebung im Euroraum nicht vor dem Jahr 2019 zu rechnen. Der mühsame Weg dorthin dürfte von einem sukzessiven, jedoch moderaten Anstieg der Kapitalmarktzinsen begleitet werden, der sich auch in den Zinsen für längerfristige Hypothekendarlehen widerspiegeln sollte."
- PSD Bank RheinNeckarSaar: "Es wird erwartet, dass Ende Oktober die Europäische Zentralbank erste Hinweise auf einen möglichen langsamen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik bekannt gibt. Vor 2019 dürfte jedoch mit keiner Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes zu rechnen sein. Für Hypothekendarlehen gehen wir unverändert von günstigen Finanzierungsbedingungen auf dem derzeitigen Niveau aus."
- Sparkasse zu Lübeck: "Die moderaten Preissteigerungen in der Eurozone haben einen dämpfenden Einfluss auf die langfristigen Kapitalmarktzinsen. Aufgrund der robusten wirtschaftlichen Entwicklung rechnen wir auf mittlere Sicht mit leicht steigenden Renditen."
Finanzierungsbeispiel
Was die jüngste Entwicklung konkret bedeutet, zeigt das nachfolgende Finanzierungsbeispiel: Die Zehnjahreskonditionen liegen aktuell vielfach bei: 1,34% gebundener Sollzinssatz / 1,35% effektiver Jahreszins**. Für eine Monatsrate von 1.000 Euro lässt sich mit dem genannten Zinssatz ein Netto-Darlehensbetrag von rund 360.000 Euro aufnehmen. Diese Darlehenshöhe gilt bei einer anfänglichen Tilgung von 2 Prozent. Bei 3 Prozent Anfangstilgung läge die mit 1.000 Euro zu finanzierende Darlehenshöhe bei rund 277.000 Euro. Wer ein Finanzierungsvorhaben plant, kann sich bei Interhyp beraten lassen oder direkt online eine Finanzierung anfragen.
* Interhyp-Bauzins-Trendbarometer: Für diese Ausgabe haben uns Experten der Allianz, der Commerzbank, der ING-DiBa, der HypoVereinsbank, der MünchenerHyp, der Postbank, der PSD Bank Rhein-Ruhr, der PSD Bank RheinNeckarSaar, der Sparkasse Hannover und der Sparkasse zu Lübeck ihre Einschätzung zur kurz- sowie mittel- und langfristigen Zinsentwicklung gegeben. Das Interhyp-Bauzins-Trendbarometer sagt aus, wieviel Prozent der Experten jeweils die Antwort "fallend", "steigend" oder "gleichbleibend" angegeben haben.
** Bei 2/3 der durch die Vermittlung der Interhyp AG, Domagkstraße 34 in 80807 München, zustande kommenden Verträge, erhalten Interhyp-Kunden einen festen Sollzins von 1,34% p.a. und einen effektiven Jahreszins von 1,35% p.a., unter Berücksichtigung folgender Annahmen: Nettodarlehensbetrag 200.000 Euro (Kaufpreis der Immobilie 250.000), Tilgung 3% p.a., Laufzeit des Verbraucherdarlehensvertrages 27 Jahre und 7 Monate, 10 Jahre Sollzinsbindung, pro Jahr 12 Ratenzahlungen in der Höhe von 723,33 Euro. Weitere etwaige Gebühren (z.B. Teilauszahlungszuschläge, Auslagen (z.B. Grundbuchkosten)) und sonstige Kosten können anfallen. Sofern der Darlehensnehmer diese im Zusammenhang mit dem Vertrag zu tragen hat, kann sich der effektive Jahreszins erhöhen. Der zu zahlende Gesamtbetrag während der Sollzinsbindung beläuft sich auf 89.299,60 Euro. Die Restschuld am Ende der Zinsbindung beträgt 135.833 Euro. Weitere Voraussetzungen: Einwandfreie Einkommens- und Vermögenssituation, erstrangige Besicherung über ein Grundpfandrecht, Auszahlung in einer Summe. Die Konditionen können auch regional sowie von weiteren Faktoren abhängig sein.